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Die Welt neu betrachten

28.06.2018 Allgemein Keine Kommentare

«Die Welt mit neuen Augen sehen» ist eine gute Übung, um sich von unbewusst eingeübten Betrachtungsweisen zu lösen. Das, was gerade erscheint, erhält eine neue Tönung.

Als ich mit 18 mit dem Schreiben anfing, habe ich mich oft mit einem Notizheft an ungewöhnliche Orte begeben. Und habe dann Augen, Ohren und alle Sinne geöffnet für das, was gerade in dem Moment meine Wahrnehmung der Welt war. Bahnfahren ist dafür sehr gut. Alles ist in Bewegung und ich sitze bequem und schaue. Ich schaue nach draussen, die Landschaft verändert sich ununterbrochen. Ich schaue in den Bahnwaggon, höre Handygespräche mit, die mich nicht ineressieren. Das Aufschreiben verändert die Wahrnehmung noch einmal, etwa der Gesichter, der Mimik meines Gegenüber.

40 Jahre später erinnerte ich mich bei der Vorbereitung meiner Schreibkurse an diese Art des Auf-Schreibens. Ich wollte noch am selben Tag in meinem indischen Lieblingsrestauant schreiben:

Mit Hunger, Füllfeder und Notizheft fuhr ich zu dem Wohnwagen, der am Rande einer Landstrasse steht. Die Mittagspause in den Betrieben der Umgebung war bereits vorbei. Es war nur noch ein Gast da. Er blätterte in einer Zeitung und schob sich gleichzeitig mit der Linken immer wieder eine Gabel voll mit Essen in den Mund.

Das Vorzelt des Küchenwagens ist im Laufe der Jahre zu einer kleinen Essstube ausgebaut worden. Ich setze mich auf eine der Bänke, neben die Wand mit der Blumentapete. Es gibt täglich frische südindische Küche. Über die Theke bekam ich aus dem Wohnwagen von Herrn Shri, der dort auch kocht, einen runden weisser Teller gereicht: in der Mitte Reis, rechts Mungbohnen-Curry und links Lammcurry. Es schmeckte phantastisch.

Nach dem Essen holte ich Heft und Feder hervor und begann zu schreiben.

 

 

28.06.2018

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