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Wildnis und Garten

24.06.2021 Allgemein Keine Kommentare

 

Wilder kalifornischer Mohn

 

Wildnis und Garten sind als Themen für die Roman-Trilogie, an der ich seit 2013 arbeite, sehr wichtig.

Im «Pilgerweg heim», dem ersten Teil, sprechen im Kapitel «Silvias wilder Garten» zwei Frauen über die Wildnis der Liebe, Zäune, Übertretungen, und den Garten. Sie sitzen dabei auf einer Trockensteinmauer, in einem «wilden Garten», am Grünen See.

Anfügen möchte hier aber auch, dass es mir auch um die Wildnis unserer kollektiven und individuellen Gefühle geht, die archaischen Wurzeln unserer Gefühlswelt und ihre Zivilisation. Und ihr Abdrängen in die Abgründe, den Schatten, in «das Andere», das Unbewusste. Was so ein kollektives Verdrängen von wirklichen Gefühlen wie Angst und Unsicherheit bewirken kann, haben wir im letzten Jahr sehr eindrücklich gemeinsam erfahren: das natürliche Gefühl der Angst angesichts von Ungewissheit und Gefahr wird in Kontrolldenken, in Sündenbock-Suche und vieles andere Bizarre umgewandelt. Und was das Unterdrücken der Liebe als eine gemeinsame Lebensform bewirkt, sehen wir an dem, was wir unserer Mitwelt antun, der Natur im weiteren Sinne, dem Wasser und letztendlich uns selbst als Menschheit.

In «Bonsai» taucht, als Symbol wieder eine Pflanzenform auf: die brutal-künstlerische Form des wurzelbeschnittenen Zucht-Bonsais und seine Wildform, ein jahrzehntelang Überlebender in Felsspalten, die kaum genügend Nährstoffe enthalten. In «Bonsai» habe ich mich sehr ausgiebig mit den Alpen beschäftigt, auch als einer Kultur-Landschaft und nicht zum ersten Mal. Die Frage nach der «Wildnis der Alpen» war auch bei dieser Arbeit gestellt. Im gesamten Alpenraum, auch in der Schweiz, waren in der letzten Eiszeit viele Täler mit Gletschern bedeckt. Mit der Erwärmung sind die Alpen schnell wieder besiedelt worden, zuerst von wandernden Jägern. Und die Berge sind, von den halbnomadisch lebenden Viehhirten, schon sehr früh bis weit hinauf an die Baumgrenze bewirtschaftet (= zivilisiert) worden. Später dann vom Alpen-Tourismus und dem Alpinismus.

Seit einigen Wochen bereits  bin ich innerlich auf der Suche nach einem noch fehlenden Erzählstrang für meine Arbeit «Freundschaft Genossin». Das ist der Arbeitstitel des Romans, an dem ich im Moment arbeite. Mir fehlten noch einige starke Symbole, einige Erlebnisse und Sinneseindrücke, die auf der «unterirdischen Ebene der Schreibarbeit» das Ihre tun würden. Erst wenn ich sie klar gespürt und gesichtet habe, das weiss ich, kann ich für das Buch die endgültige Form finden. «Etwas wichtiges fehlt noch, es wird sich erst zeigen.» Das bedeutet: zur Ruhe kommen, betrachten, warten, die Sinne offenhalten und – vor allem! – den Moment der Inspiration erkennen und mit allen Sinnen erleben, wenn die Inspiration auftaucht.

Ich habe eine sehr intuitive Art, Teile einer Geschichte zu finden und dann, wie mit einem Beutestück, gleich zu schreiben zu beginnen. Wenn diese Teile sich nicht zeigen, muss ich einfach Geduld haben, mich darauf einschwingen, dass es Zeit ist, etwas Neues, Unerwartetes zu finden. Manchmal hilft es, Orte aufzusuchen, an die ich sonst nicht gehe.

Pflanzenhäuser im Botanischen Garten in Zürich/Schweiz.

Gestern war es endlich so weit: In Zürich, im neuen Botanischen Garten. Kurz vor dem Ausbruch von Gewittern, in diesem künstlich angelegten Garten, mit Pflanzen aus der ganzen Welt, hatte ich plötzlich das Gefühl auf einer oberirdisch liegenden Goldmine zu stehen. «Hier ist der Platz, an dem die Geschichte von «Freundschaft Genossin»verläuft.»

Papier-Maulbeerbaum

Mehr gibt es im Moment dazu nicht zu sagen, ich stelle noch einige Fotos aus dem Botanischen Garten Zürich zu diesem BLOG-Beitrag.

 

BLOG ZUM BUCH: «Freundschaft Genossin» ist ein neuer Roman an dem ich schreibe. In diesem BLOG will ich über die Arbeit am Text berichten.

Über das Schreiben

04.11.2015 Allgemein Keine Kommentare

Kuh & Kunst

Heute früh lag Nebel unten im Seetal. Ich ging unter hellblauem Morgenhimmel. Dann erschien die Sonne hinter dem Wald. Bald werden die Kühe nicht mehr so oft auf der Weide sein. Ich wollte sie noch vor dem Schneefall mehr beachten, beobachten, Fotos machen. Gestern am Morgen waren sie eingehüllt in Nebel, vereinzelt standen sie im nassen Gras, in der Klangwolke, die aus der Glocke um ihren Hals entsteht.

Recherchieren, nenne ich meine Morgenspaziergänge diese Woche. Recherchieren habe ich seinerzeit auf der Filmakademie gelernt. Mein Berufsleben lang war ich manchmal in Bibliotheken, wenn ich an einem Thema gearbeitet habe. Und in den letzten Jahren natürlich auch viel im Internet. Für den Roman an dem ich jetzt arbeite, habe ich von Anfang an eine Recherche „in den Alpen“ geplant, Aufenthalt in Hochtälern, eine Suche nach Bildern und Geschichten direkt draußen. Am Berg, vielleicht in einem Museum.DSC01648_bearbeitet-1

Im Moment beschäftigte ich mich den Kühen. Denn aus dem Thema „Schweizer Alpen“ kommen mir die Kühe entgegen. Im Sommer sah man sie hoch im Gebirge, nahe ihrer Alp. Dort wirkten sie frei und kräftig. Jetzt sind sie mit ihren Hirten in die Täler zurückgekehrt. Diese großen Tiere, die, über Jahrtausende im Alpenraum beheimatet, in der Schweiz zur „Milchkultur“ gehören, sie sind fast selbstverständlich, hier, auf dem Lande, wo ich lebe. Mir bereitet ihr Anblick, der Geruch, das Geräusch des Grasens, das sie machen, ein Gefühl des Reichtums. Je grösser die Herde ist, die ich sehe, umso sicherer fühle ich mich. „Im Land wo Milch und Honig fließt“ – ist das hier?

Jetzt sitze ich am Computer an meinem Schreibtisch. Bevor ich weiter an dem Kapitel über den Kuhstall schreibe, den John in der Nachbarschaft besucht, schreibe ich diese Zeilen, diesen Blog, als Fingerübung und kleinen Bericht über die Kunst des Schreibens.