Wort und Skulptur
Die Worte, die ich schreibe, formen Bilder. Die aufeinander folgenden Buchstaben erschaffen Laute. Die Satzzeichen sind winzige Orte der Stille. Farben erscheinen als Wörter, heben sich hervor und verschwinden, nachdem sie ihre Bedeutung zurückgelassen haben.
Ein Absatz: Neuerlicher Moment der Stille. Es folgen wieder Klang und Bewegung.
Diese abstrakten Wellenformen von Lauten, Silben, Satzzeichen, Buchstaben, Wörtern, Sätzen, Manuskriptseiten, Kapiteln, Büchern und Bibliotheken sind für mich Klang und Stille, laut und leise schwingende Welten. Sie verweilen, manchmal, auch ohne aus sich selbst heraus erscheinende Bedeutung. Erst das Lesen erschafft den Sinn. Die Leserin und der Leser erschaffen die Geschichte.
Worte sind für mich festgeschriebener Klang, auch vergangener, verwehter.
Wenn ich mich zu sehr und zu oft in deren Klangfeldern der Sprache aufgehalten habe, werde ich der Symetrie des Aufschreibens, der kodierten Abfolge von links oben nach rechts unten überdrüssig. Im monatelangen Schreiben geschieht es, dass irgendwann die Wörter noch in den Träumen von links nach rechts durchs Traumbild fahren, wie kleine Fahrzeuge. Meine Traum-Augen folgen den Silben und Wörtern. Dann entsteht manchmal Überdruss und ich will keine Wörter mehr schreiben. Gut, wenn die Erzählung an diesem Punkt bereits zu Ende geschrieben ist. Wenn nicht, bedeutet das für einige Zeit innezuhalten, eine Schreibpause einzulegen.
Die vollständige Wortlosigkeit hingegen, welche die Arbeit an einer dreidimensionalen Skulptur mir schenkt, kennzeichnet meinen Rückzug aus der Textur der Wörter. Beim Herstellen von Keramik-Objekten bin ich still, mit dem Material beschäftigt, erzähle ich keine Geschichten.
Die Skulpturen sind von Anfang an Gebilde der Erde und der Tonlosigkeit, bedingungsloses Schweigen, geboren in einem klar definierten Raum. Die Zeichen, die ich in jenem Arbeitsprozess setze, stehen jeweils allein und sprechen direkt, und für sich. Das Ergebnis dieser Art von Arbeit ist über alle Sprachbarrieren hinweg klar sichtbar. Keine Übersetzung ist notwendig.
Ein Teil dieses Blog-Beitrags steht als Text auch im Menüpunkt ‚Das Buddhi Projekt‘. Ich wollte hier ein wenig über Wort & Skulptur reflektieren, zwei wichtigen Themen in meiner künstlerischen Arbeit.